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DAS GENIOGLOSSUS-EMG ALS SCREENING-PARAMETER FÜR OBSTRUKTIVE SCHLAFAPNOE

Th. Verse, W. Lindenthaler, Nicola Breithaupt, W. Pirsig, Béatrice Kroker

Einleitung: Der Musculus genioglossus spielt zusammen mit anderen Muskeln des oberen Luftwegs eine Rolle in der Pathogenese der obstruktiven Schlafapnoe. Seit Horner (1991) ist bekannt, daß die Aktivität des M. genioglossus mit abnehmendem Druck im Pharynx im Sinne eines dilatierenden Kompensationsmechanismusses zunimmt. Bereits im Wachzustand liegt der Ruhetonus des M. genioglossus bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) höher als bei Gesunden (Mezzanotte 1992).

Material und Methoden: Bei 54 Patienten mit Verdacht auf OSA und 9 Kontrollpersonen wurde für jeweils 10 Minuten im Wachzustand in liegender Position das Gcnioglossus- EMG abgeleitet. Hierfür wurde eine einfach handzuhabende Oberflächenelektrode entwickelt, die das EMG enoral über dem Mundboden abgreift. Um interindividuellen Unterschieden gerecht zu werden, wird das Ruhe-EMG als Bruchteil des maximal möglichen EMG-Ausschlages (z.B. beim Pressen der Zunge an die Oberkieferzähne) ausgedrückt. Als Grenzewert für die Vorhersage einer OSA wurde ein Ruhe-EMG von mindestens 7,5 % angenommen. In der auf die Messung folgenden Nacht wurde eine Polysomnographie (PSG) durchgeführt.

Ergebnisse: Die PSG und die EMG-Ableitung erbrachten folgende Verteilung:

  AHI>20 AHI<20 AHI>15 AHI<15 Gesunde
Gesamtzahl 14 40 17 37 9
davon EMG > 7,5% 12   14   1
davon EMG < 7,5%   29   26 8

Das bedeutet, daß anhand des Genioglossus-EMG die Patienten mit einem Apnoe- Hypopnoe-Index (AHI) > 20 mit einer Sensitivität von 85,7 %, Patienten mit einem AHI > 15 mit einer Sensitivität von 82,4 % vor der PSG richtig als Patienten mit OSA klassifiziert wurden. Patienten mit einem AHI < 15 wurden mit einer Spezifität von 70,3 % und die gesunden Kontrollpersonen mit einer Spezifität von 88,9 % richtig als nicht krank im Sinne einer OSA ermittelt.

Diskussion: Neben Anamnese und ambulanter Polygraphie bietet die Analyse des Genioglossus-EMG einen zuverlässigen Screening-Parameter für OSA bei geringem Meßaufwand. Da außer der Bestimmung des Ruhetonus im Wachzustand weitere Ansätze zur Auswertung des Genioglossus-EMG zur Verfügung stehen, ist die Entwicklung eines Diagnosegerätes unter Kombination dieser Verfahren angestrebt, um die Werte für Sensitivität und Spezifität noch weiter zu verbessern.

Dr. Thomas Verse, Universitäts-HNO-Klinik Ulm; Prittwitzstr. 43; D-89075 Ulm


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